Interstitielle Lungenerkrankungen (Lungengerüsterkrankungen, Lungenfibrose, diffuse Lungenparenchymerkrankungen (DPLD))
Unter dem Begriff „Interstitielle Lungenerkrankungen“ (engl.: interstitial lung disease (ILD)) werden mehr als 100 verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass es zu einer krankhaften Entzündungsrektion und/oder Vermehrung von Bindegewebsfasern im Bereich des Lungengerüstes kommt. Die krankhafte Vermehrung von Bindegewebsfasern führt zu einer Vernarbung und Versteifung der Lunge (Lungenfibrose; lateinisch fibra = Faser). Man unterscheidet interstitielle Lungenerkrankungen, deren Ursache man kennt, von interstitiellen Lungenerkrankungen, deren Ursache bisher unbekannt ist. Interstitielle Lungenerkrankungen bekannter Ursache werden ausgelöst durch schädigende Substanzen im Freizeitbereich oder im Berufsleben, die eingeatmet werden (z. B. exogen allergische Alveolitis bei Taubenzucht („Taubenzüchterlunge“), Wellensittichhaltung („Vogelhalterlunge“), landwirtschaftlicher Tätigkeit („Farmerlunge), Kontakt mit durch Schimmelpilze oder Bakterien verunreinigte Klimaanlagen, Zimmerspringbrunnen und Raumbefeuchtern („Befeuchterlunge“); Asbest etc.), durch bestimmte Medikamente (z.B. Rheumamedikamente wie Methotrexat (MTX) oder Herzmedikamente wie Amiodaron), durch Bestrahlung (z.B. bei Brustkrebs) oder durch Rheuma- und Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen). Die wichtigsten interstitiellen Lungenerkrankungen mit unbekannter Ursache sind die idiopathische Lungenfibrose (idiopathische pulmonale Fibrose (IPF)) und die Sarkoidose. Typische Beschwerden bei interstitiellen Lungenerkrankungen sind trockener Husten und Atemnot, zunächst bei Belastung, später in Ruhe. Eine interstitielle Lungenerkrankung wird am Anfang oft nicht erkannt, weil die ersten Beschwerden uncharakteristisch sind und daher eine hohe Verwechslungsgefahr mit anderen Lungenerkrankungen (z.B. COPD) oder dem allgemeinem Alterungsprozess besteht. Eine frühe Diagnosesicherung ist aber entscheidend für eine frühzeitige Therapieeinleitung. Daher ist es wichtig bei trockenem Husten und Atemnot auch an eine mögliche interstitielle Lungenerkrankung zu denken, insbesondere wenn bestimmte Risikofaktoren z.B. eine bereits bekannte Rheumaerkrankung, die Einnahme bestimmter Medikamente, eine Taubenzucht etc. bestehen. Wenn der Verdacht auf eine interstitielle Lungenerkrankung geäußert wurde, bestehen die Ziele des diagnostischen Vorgehens darin, herauszufinden, ob wirklich eine derartige Erkrankung vorliegt und, wenn ja, um welche der mehr als 100 Erkrankungen es sich handelt. Wichtig sind hierbei zunächst die ausführliche Erfassung der Krankengeschichte (Anamnese) und die körperliche Untersuchung. Bei der körperlichen Untersuchung achtet man bei dem Abhören der Lunge insbesondere auf ein feines Knistern (sog. Sklerosiphonie), welches ein Frühzeichen bei einer Lungenfibrose ist. Im Weiteren werden eine Lungenfunktion und eine Blutuntersuchung durchgeführt. Schließlich wird ein Computertomogramm der Lunge angefertigt und zum Abschluß der Diagnostik werden die Atemwege gespiegelt (Bronchoskopie). In manchen Fällen ist zusätzlich eine Probenentnahme aus der Lunge notwendig. Diese kann meist direkt bei der Spiegelung der Atemwege entnommen werden (sogenannte transbronchiale Kryobiopise) oder – in seltenen Fällen – ist ein kleiner chirurgischer Eingriff notwendig (minimalinvasiv; videoassistierte Thorakoskopie). Am Ende werden – entsprechend der aktuellen Empfehlungen – alle Untersuchungsergebnisse im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz, an dem Spezialisten aus dem Bereich der Lungenheilkunde, der Radiologie und der Pathologie teilnehmen („Lungenfibroseboard“), besprochen und festgelegt, welche Erkrankung genau vorliegt und die Therapieempfehlungen werden ausgesprochen. Die Therapie ist je nach zugrundeliegender Erkrankung sehr unterschiedlich: sie kann in der Einnahme von Medikamenten bestehen, die der weiteren Vermehrung von Bindegewebsfasern in der Lunge entgegenwirken (sog. antifibrotische Therapie mit Nintedanib oder Pirfenidon), von Medikamenten die die Entzündungsreaktion in der Lunge unterdrücken (z.B. Kortison oder anderen Medikamenten wie Azathioprin, Cyclophosphamid, Mycophenolatmofetil, Rituximab) oder auch in einem zunächst abwartenden Verhalten mit regelmäßigen Kontrollen.
Folgende Behandlungsmöglichkeiten haben Sie in der Medizinischen Klinik V bei Interstitiellen Lungenerkrankungen, z.B. bei IPF, Sarkoidose und exogen allergischer Alveolitis (Vogelhalterlunge, Taubenzüchterlunge, Farmerlunge, Befeuchterlunge etc.) aber auch bei alles anderen Formen:
- Sicherung der Diagnose einer interstitiellen Lungenerkrankung mittels aller o.g. Verfahren einschließlich Computertomographie, Lungenspiegelung (Bronchoskopie) mit endobronchialem Ultraschall (EBUS-TBNA) und Probenentnahme aus der Lunge (transbronchiale Kryobiopsie), ggf. minimalinvasive Probenentnahme mittels videoassistierter Thorakoskopie (VATS; durch die Kollegen der Thoraxchirurgie). Festlegung der Diagnose in unserer monatlich stattfinden interdisziplinären Konferenz („Lungenfibroseboard“) mit Spezialisten aus dem Bereich der Lungenheilkunde, der Radiologie und der Pathologie
- Einleitung medikamentöser Therapien bei allen Formen interstitieller Lungenerkrankungen und Therapieüberwachung, u.a. mit den neuen antifibrotischen Substanzen Nintedanib (Ofev) und Pirfenidon (Esbriet)
- Teilnahme an klinischen Studien mit neuen vielversprechenden Therapien
- Neben der stationären Versorgung können wir bei interstitiellen Lungenerkrankungen auch eine ambulante Behandlung in unserer Spezialambulanz (Ermächtigungsambulanz) anbieten