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„Ich möchte den neuseeländischen Kollegen helfen, die Implantation des ABI zu erlernen, damit sie es bald selbst beherrschen.“

Prof. Dr. Behr im Gespräch über seine Reise nach Neuseeland:
„Ich werde in Auckland fünf Patienten operieren, damit sie die Chance erhalten, am Leben teilzunehmen“

Der Neurochirurg Prof. Dr. Behr, zählt zu den Pionieren der Implantation von ABI. Das Kürzel steht für Auditory Brainstem Implantat. Er operiert seine Patienten weltweit, um sie vor Taubheit zu bewahren oder ihnen eine Chance auf Teilhabe an einer Welt mit akustischen Reizen zu eröffnen.

                                   

Herr Prof. Dr. Behr, Anfang März 2018 reisen Sie für eine Woche nach Neuseeland…

Ja, ich werde gemeinsam mit Professor Michel Neeff an der Universität von Auckland fünf Patienten und vor allem Kinder operieren und ihnen ein Auditory Brainstem Implantat (ABI) einsetzen, damit sie die Chance erhalten, zu hören und am Leben teilzunehmen.

Warum müssen die Neuseeländer dazu Hilfe aus Deutschland holen? Beherrschen sie dieses Verfahren nicht selbst?

Objektiv beherrschen sie das Verfahren noch nicht selbst, und ich möchte ihnen helfen, die Implantation des ABI zu erlernen, damit sie diese bald selbst beherrschen. Wir haben das Ziel, Expertise zu vermitteln, damit neuseeländische Patienten in ihrer Heimat versorgt werden können. Das Krankheitsbild ist nicht so häufig und der Erfahrungsschatz, den es braucht, um das Implantat einzusetzen, ist nicht so schnell aufgebaut. Wir wollen Erfahrung ins Land bringen.

Warum sind gerade Sie prädestiniert, diese Erfahrung zu vermitteln?

Weil ich in den 1990er Jahren an der Universität Würzburg, als das Verfahren am Anfang stand, ein Neurochirurg war, der in der betreffenden Hirnregion schon viel Erfahrung in Operationen gesammelt hatte und von den Kollegen der HNO-Klinik hinzu gebeten wurde, die damals vollkommen neuen Implantate einzusetzen.

Wie viele chirurgische Teams gibt es weltweit, die dieses Verfahren beherrschen?

Etwa fünf.

Und davon ist eines in Fulda?

Ja, davon ist eines hier in Fulda.

Weil Sie in Fulda sind?

Ja, wenn Sie so direkt fragen: Ja, so ist es.

Wie kam dann der Kontakt nach Neuseeland zustande?

Ich kenne Michel Neeff seit Jahren, weil er Cochlea Implantate setzt. Es ist häufig der erste Versuch, bei Kindern eine Taubheit zu überwinden, die aber nicht immer zum Erfolg führen kann. Vor vier Jahren sprach mich Michel Neeff an, ob ich ihm helfen könne, in Neuseeland die Grundlagen für die komplexere ABI-Einsetzung zu schaffen. Ich war sofort dabei, denn das Verfahren ist abgesichert und kann beeindruckende Erfolge zeitigen. Es ist schon eine Freude, wenn sie sehen, dass sich ein zweijähriges Kind, das bisher taub war, nach den Bauklötzen umdreht, die die Eltern hinter seinem Rücken aneinander schlagen.

Wie bauen Sie Erfahrung in Neuseeland auf?

Ganz wichtig ist: Immer im Team! In dem jeweiligen Land, in dem ich helfe, muss es ein Team geben, das sich darauf verständigt, es gemeinsam zu machen. Das ist nichts für Machos, die meinen, nur sie seien der einzige und der größte. Denn solche Operationen laufen immer im Team ab mit dem Otochirurgen oder dem HNO-Arzt und dem Neurochirurgen.

Wie vermitteln Sie das Wissen und das Können während der Operation?

Wir diskutieren zunächst den einzelnen Fall. Dann besprechen wir, wie die OP verlaufen könnte oder sollte. Vor allem diskutieren wir auch während der OP. Wichtig ist es zum Beispiel, die richtige Antwort auf die Frage zu geben, wie das Implantat zu fixieren sei. Wo ist der beste Platz für das Implantat? Und wie messen wir während der OP, wo der Hörnerv am Stammhirn reagiert und welche Konsequenzen wir aus der Messung der elektrischen Hörbahn zu ziehen haben? Wir legen eine elektrische Kartierung der Hirnregion an. Es ist eine regelrechte Ausbildung im OP. Es macht Sinn, wenn wir ein paar Fälle gesammelt haben, um dann anhand dieser Fälle zu lernen.

Wie lange dauert eine solche Operation?

Wenn alles reibungslos läuft, dreieinhalb bis viereinhalb Stunden. Aber sie kann auch die doppelte Zeit in Anspruch nehmen.

Wie viele Schüler hören Ihnen dabei zu?

Das ist das neurochirurgische Team, es ist das HNO-Team, der Anästhesist und die OP-Schwester. Manchmal verbinden wir es auch mit einem Vortrag mit und vor den Studenten.

Wann werden die Neuseeländer selbst in der Lage sein, solche Operationen auszuführen?

Ich hoffe, dazu werden sie nach meinem Besuch in der Lage sein. Es hängt aber auch – wie immer in der Chirurgie – von der allgemeinen Vorerfahrung und letztlich dem Mut des einzelnen ab, die Operation ein erstes Mal ohne den Mentor und Lehrer zu wagen.

Wer hat die Kinder für die OP-Woche in Neuseeland ausgewählt?

Das haben die Kollegen in Neuseeland getan. Michel Neeff hat sie jedoch auf unserem internationalen Kongress mit mehr als 100 Teilnehmern aus 24 Ländern Ende 2017 in Fulda vorgestellt.

Müssen die Eltern für den Eingriff in Neuseeland selbst bezahlen?

Nein, es gibt dort ein gutes staatliches Gesundheitssystem.

Gibt es mehrere Länder, mit denen Sie kooperieren?

Ja, ich war jüngst in Sankt Petersburg, um vier Kinder zu operieren, denn die Russen wollen ein System aufbauen, um von diesem Fortschritt zu profitieren. In Südostindien können sie es schon. Da war ich 2009 das erste Mal. Dort ist eine erbliche Erkrankung, die zu Taubheit führen kann, häufiger, da vielfach Cousins und Cousinen heiraten. Aber auch in anderen Ländern, wie Singapur, Hongkong, Japan, Südafrika und in vielen europäischen Ländern habe ich dieses System eingeführt. In manchen ist es schon gut verankert, andere brauchen noch immer Hilfestellungen. In den USA hingegen ist die Implantation eines ABI bei Kindern bis zu 15 Jahren nicht erlaubt, weil dort Sicherheitsbedenken bestehen, – obwohl die USA das Land sind, in dem der grandiose Erfolg seinen Anfang nahm. Die Amerikaner kommen wegen Operationen derzeit mit ihren Kindern nach Europa, werden die Methode aber in Kürze auch einführen und zulassen.

Beeinflusst die Internationalität Ihres Engagements Ihre Arbeit an einem großen Krankenhaus der Maximalversorgung in Hessen?

Ja, insofern ich andere Gesundheitssysteme, deren Ausstattung, deren Arbeitsweise und Indikationsstellung sowie die unterschiedlichen Temperamente kennenlerne.

Wo können wir Deutsche von den anderen lernen? Und wo lernen die anderen von uns?

Das ist schwer auf Anhieb zu sagen. Es gibt viele Aspekte, – fachliche, organisatorische und ökonomische. Fachlich können wir, denke ich, schon sehr viel, organisatorisch und ökonomisch, im guten Sinn, haben andere die Nase vorn, zumindest in Teilbereichen.

Von Claus Peter Müller v. d. Grün    

 

Der Dank eines Freundes aus Neuseeland  an Prof. Dr. Behr aus Fulda:

“Ohne Deine Hilfe hätte keiner dieser Patienten die Chance, jemals wieder zu hören”

Michel Neeff (Auckland) dankte dem Leiter der Klinik für Neurochirurgie am Klinikum Fulda, Prof. Dr. Robert Behr, in einem Brief, bevor sein Freund und Kollege aus Deutschland im März 2018 seine Reise nach Neuseeland antrat, um dort Kindern und Erwachsenen ein Auditory Brainstem Implant als Mitglied eines OP-Teams einzusetzen. Wir veröffentlichen den Brief im Wortlaut:

                                                                                                                                                                                                                                                    Auckland, 30.1.2018

Dear Professor Behr,

Thank you very much for making yourself available to perform ABI surgeries on adult and paediatric patients in Auckland, NZ in March this year. 

Without your help, none of these patients would have had a chance to ever hear or hear again, either because they were born without a cochlear nerve, or because they lost their hearing due to the presence of tumours and their removal in the cases with NF2.

I am aware that the hearing outcomes with an ABI can be variable. While some patients achieve open set speech, for many it is an aid to lip reading and help in the perception of environmental sounds. This alone is a huge benefit for patients who would otherwise not have had these benefits which hearing people take for granted. I have counselled our patients and their parents very carefully with regards to this.

Like with any operation, it is important that a surgeon with your experience and regular exposure to this type of surgery performs the procedure. Unfortunately the caseload in NZ is low and until recently there has been little understanding, and therefore a lack of support for this procedure. Also the anatomy in paediatric patients is different and access to the Foramen of Luschke can be more difficult. This makes your expertise and presence here indispensable.

Without you travelling to NZ to perform these surgeries, some of our patients would have definitely missed out on ever receiving an ABI. Even though our Ministry of Health has supported overseas travel for patients on some occasions, there is always an additional cost involved for families and support persons. Those patients at the low end of the socioeconomic scale would not have been able to afford travelling to Germany to have the surgery performed.

Finally, the implant team and surgical team are looking forward to your arrival and will take this opportunity as learning and hands on experience. After all, the switch on and mapping, as well as ongoing care will have to be performed locally. The first hand exposure to your and your team’s teaching will be invaluable.

I am very grateful for your past, upcoming and ongoing support. Your efforts are greatly appreciated and will not be forgotten.

Kind Regards

Michel Neeff
Neurotologist/Implant Surgeon

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