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Radiologie

SUSANNE EDNER. KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IST IN MEINEM BERUF LÄNGST WIRKLICHKEIT

„Susanne Edner ist ehemalige Leiterin der nicht-ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Radiologie am Klinikum Fulda: Sie will sich von allem ein Bild machen“

Freude am Neuen und an der Veränderung hatte Susanne Edner schon immer. Dabei sein und gestalten. Das war schon so, als sie sich 1972 nach der Polytechnischen Oberschule in Magdeburg entschloss, eine Berufsausbildung als Medizinisch- Technische-Radiologie-Assistentin, kurz MTRA zu beginnen, als sie Ende 1989 mit der Kerze auf die Straße ging, um einen erstarrten Staat zum Besseren zu verändern, und als sie den Mut fasste, ein halbes Jahr später in den Westen zu gehen.

 

Faszination „Technische Veränderung“

Seit 2010 ist sie die leitende MTRA der Radiologie am Klinikum Fulda. Sie ist fasziniert von den technischen Veränderungen, die mit der digitalen Transformation eine ganz neue Qualität erreichen: „Die Bilderflut und unsere mathematische Kompetenz, damit umzugehen, mit optimierten Rechnern von Hypothesen und Algorithmen geleitet nach der zutreffenden Diagnose und der besseren Therapie zu suchen, sind enorm. Und mit dem Umzug in den Neubau am Klinikum Fulda sind wir auch technisch in der Spitzengruppe angekommen.“

„In Mathe war ich richtig gut“

Die Schule hat Susanne Edner immer Spaß gemacht. Die Physik und vor allem die Mathematik: „Ja, in Mathe war ich richtig gut. Alles war so logisch und so klar, ergab sich irgendwie von selbst. Aber ich wusste eines: Ich will niemals im Büro arbeiten.“

Sie besuchte die medizinische Fachschule, wo die Assistentinnen für Labor und Röntgen von Beginn an in der Ausbildung getrennt waren, „und ich finde meine Ausbildung, die ich genossen habe, bis heute sehr, sehr gut. Ich habe mich später im Westen manchmal gewundert. Wir hatten bestimmte Dinge, wie die Bedeutung des Strahlenschutz‘ oder technische Grundanforderungen auf ganz andere Weise verinnerlicht.“

Nach zwei Jahren Ausbildung von 1972 bis 1974 an der medizinischen Fachschule begann Edner ihre Tätigkeit in einer Poliklinik aufzunehmen, einer Arztpraxis mit mehreren Fachrichtungen, 1976 kam das erste Kind. Als die Medizinische Akademie Magdeburg, die heutige Uniklinik, umstrukturiert wurde, und deren Unfallorthopädie einen kleinen Standort in der Innenstadt für Unfälle aus dem Innenstadtkreis und dem Schwermaschinenbau eröffnete, war Edner mit Eifer dabei: „Es war so interessant, weil man wieder etwas Neues gelernt hat.“ Parallel war ich Mentorin für die Studenten, wie sie bei uns hießen, an der medizinischen Fachschule in der MTA-Ausbildung.“

Von 1979 bis 1980 qualifizierte sie sich zur Fachassistentin MTRA, bekam 1981 ihr zweites Kind, setzte für ein Jahr beruflich aus und wechselte 1988 in das Bezirkskrankenhaus Magdeburg-Mitte. Die Computer- und Kernspintomographie waren damals noch nicht im Alltag einer solchen Klinik angekommen, aber bald schon war politisch eine aufregende Zeit angebrochen. „Man konnte es nicht fassen. So viele sind gegangen. Ich wollte bleiben, aber auch etwas verändern. Ich wollte eine bessere DDR. Man konnte sich ja nichts anderes vorstellen. Die Grenze war doch da“, erinnert sich Edner an diese aufwühlende Zeit.

Über Warschau in Fulda hängen geblieben

Wenig später ging auch sie mit ihrer Familie in den Westen. Freunde, die über Warschau ausgereist und in Fulda hängen geblieben waren, fragten: „Willst Du nicht auch kommen?“ Susanne Edner überlegte es sich gut. Zum 15. Februar 1990 kündigte sie in Magdeburg „und meine Beurteilung vom Chefarzt war wirklich gut. In Fulda am Klinikum hätte ich am 1. März anfangen können, aber ich brauchte erst die Bestätigung vom Regierungspräsidenten in Kassel zur Anerkennung meiner Qualifikation.“ Also fing sie am 15. März an.

In Fulda, einer kleinen Stadt, die schon so süddeutsch wirkt und anders ist als das preußisch inspirierte Magdeburg, brauchte Susanne Edner ein paar Jahre, um anzukommen. Heute kann sie sich nicht mehr vorstellen, von dort wegzugehen. Anfangs gab‘s da schon mal Fragen, die sie als diskriminierend empfand, und die an ihrer Berufsehre rührten: „Hattet ihr überhaupt Röntgengeräte in der DDR? -„Nein, wir haben mit der Taschenlampe ganz tief reingehalten“, habe sie dann geantwortet und irgendwann haben diese Fragen auch einfach aufgehört. Je länger sie dann im Westen war, umso überzeugter war Edner von der Qualität ihrer Ausbildung und ihres Könnens.

Neuland CT und MRT

Diese Einschätzung teilten offenbar auch die Vorgesetzten im Klinikum Fulda, der Radiologe Prof. Dr. Christoph Manke und der Neuroradiologe Prof. Dr. Erich Hofmann, die gemeinsam mit dem Nuklearmediziner Privatdozent Dr. Andreas Hertel das Radiologische Zentrum des Klinikums Fulda leiten. Mit Begeisterung erarbeitete sich Susanne Edner das Neuland, das sich vor ihr auftat: CT und MRT, neue Verfahren, die immer bessere bildliche Darstellungen erlaubten und immer neue Eingriffe etwa an den Blutgefäßen ermöglichten. Einfach alles machte ihr „Spaß“, der Umgang mit den Patienten und den Kollegen. Wenn Edner von ihrem Beruf erzählt, strahlen ihre Augen, und es gibt nur eine Richtung: Vorwärts.

„Ich will verstehen wie es läuft.“

„Kreativ – wie meine Kinder mit gestaltenden Berufen in Medien und Architektur – bin ich nicht. Mathe und Physik sind nach wie vor meine Fächer. Und den Bürojob habe ich mir immer noch nicht vorstellen können. Aber jetzt habe ich ihn“, beschreibt Susanne Edner die Konstanten und die Variablen in ihrem Leben. Seit 2010 ist sie als MTRA die Leiterin der nicht-ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Radiologie am Klinikum Fulda: „Ich mache immer noch Dienste mit, Rufdienste in der Nacht oder 24-Stunden-Dienste am Wochenende, um die Kollegen zu verstehen, wenn sie mir berichten, wie es läuft, damit ich es nachvollziehen kann, wenn es Probleme gibt. Ich will verstehen, wie es läuft.“ Zugleich muss Edner die Logistik für ihre Abteilung managen, Dienstpläne schreiben und – welch großes Glück – sie durfte die neue radiologische Abteilung im OP-Notfallzentrum mitplanen.

Dass es in der neuen Radiologie mit der Röntgenabteilung und dem CT in der Notaufnahme noch besser laufen wird, davon ist sie überzeugt: „Wir haben ganz tolle Rechner mit interaktiver Berechnung der Bilder. Das erlaubt 30 Prozent Dosiseinsparung. Die digitalen Röntgengeräte sparen aber nicht nur Dosis, die sind auch viel schneller in der Bildgebung. Was man da alles machen kann!“

Am Tag gehen 300 bis 350 Patienten durch die Abteilung.

Edner hat das Gefühl, dass sie schon „ganz Fulda und Umgebung“ untersucht hat, und sie sieht vieles. Menschen leiden an Tumoren, haben bei einem Unfall Gliedmaßen verloren, oder wurden durch einen Schuss verletzt. „Ich möchte meine Untersuchungen zügig machen, aber man redet natürlich auch mit den Patienten“, sagt die Leiterin der Funktionsabteilung. „Für die Diagnosefindung sind das Labor und die Radiologie unverzichtbar: Damit man sich ein Bild von den Dingen machen kann. Ohne eine Radiologie könnte eine solche Klinik der Spitzenmedizin nicht existieren. Und die Technik hat sich gravierend verbessert.

Künstliche Intelligenz ist in meinem Beruf längst Wirklichkeit.

Das ist die Befunderstellung. Man war anfangs vielleicht zu euphorisch, aber die Veränderungen und Erfolge sind phänomenal. Und es ist die Bilderflut, die sich verändert hat. Wir machen allein vom Kopf heute 30 bis 40 Aufnahmen. Ich habe es noch gelernt, die einzelnen Bilder von Hand in Chemie zu entwickeln. Heute drucken wir die Bilder gar nicht mehr aus. Alles ist elektronisch archiviert, jederzeit zugänglich. Kein Bild steckt mehr in der falschen Tüte oder liegt in der falschen Abteilung. Und wenn ich mir vorstelle, alle diese Bilder würden weltweit zusammengeführt: Welche Erkenntnisse wir aus Big Data gewinnen würden in Diagnostik und Therapie!“ Ob Ärzte künftig überflüssig werden? „Nein“, kommt die Antwort ganz spontan: „Früher haben die Ärzte die Bilder ausgewertet. Heute machen sie mit Hilfe der immer besseren bildgebenden Verfahren und der besseren Diagnosen immer mehr erfolgreiche Eingriffe am Patienten.“

Die Begeisterung, mit der Susanne Edner vom Fortschritt erzählt, ist ansteckend, und der Wandel hat auch ihren Beruf erfasst: „In den ganzen Jahren hat sich das Berufsbild der MTRA geändert. Man ist nicht mehr nur die Assistentin. Wir machen die Untersuchungen, wir haben mehr Verantwortung, wir wollen diese Verantwortung, und wir wollen die Erwartungen, die an uns gestellt werden, natürlich erfüllen. Das ist doch selbstverständlich. Der Umgang mit uns als MTRA hat sich gewandelt. Ja, er ist wertschätzender geworden.“

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